1. Herren | Wesfalen Blatt (von Jörg Manthey) | 07.05.10
Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). In Uerdingen endet Samstag eine bemerkenswerte Handballkarriere. Christian »Kiki« Grunow, der als Knirps bei ASG Trollenhagen am Rande Neubrandenburgs das Handball-ABC erlernte, bestreitet sein letztes Spiel für die TSG Altenhagen-Heepen. »Ich habe mit Hagen angefangen und höre mit Hagen auf. Nur der Vorname hat sich geändert«, schmunzelt Grunow. Mit ihm verliert die TSG ein »Alphatier«.

Der mit 37 Jahren älteste Spieler des Regionalligisten geht als Rekord-Mann in »Rente«. 244 Pflichtspiele für die TSG wird er Samstagabend auf dem Buckel haben – so viel wie kein anderer vor ihm, seit Dragan Ljakic (ab 1993) eine Spieler-Statistik führt. Mit aktuell 512 erzielten Treffern nimmt er in der ewigen Rangliste Position sieben ein.

Im September 1997 hatte Grunow in Nordhorn erstmals Zweitligaluft im Bielefelder Dress geschnuppert. War das ein wirklich besonderer Moment für den Mittelmann, so liegt sein schönstes Handball-Erlebnis gar nicht mal so weit zurück: Der Aufstieg in die Regionalliga war der einzige überhaupt in seiner Laufbahn.

Die Abschiedsstimmung am Samstag mit den stehenden Ovationen der 500 habe ihn »emotional ganz schön angegriffen«, gesteht Grunow ein. Noch mehr ging es ans Herz, als ihm Töchterchen Zoe hinterher ein T-Shirt überreichte mit dem tröstenden Aufdruck: »Niemals geht man(n) so ganz«. Der kommunikationsfreudige Grunow ist ein Netzwerker. Da hält es er mit Wilhelm von Humboldt, der einst philosophierte: »Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.«

Als Kiki Grunow 2007 nach mehrjährigem Abstecher die insolvente HSG Augustdorf/Hövelhof wieder in Richtung TSG Altenhagen-Heepen verließ (»Ich bin ein bodenständiger Typ, war nur bei drei Vereinen«), trauerte die dortige Fangemeinde ihrem Kapitän als »einem der größten Sympathieträger« hinterher. Die Attribute, die der Diplomsportwissenschaftler und Finanzberater beruflich in die Waagschale wirft – er selbst nennt Teamwork, Kooperation, Unterstützung, Hartnäckigkeit, Flexibilität, Spontanität, Ausdauer – sind lauter Parameter, die Grunow auch auf dem Feld auszeichnen. »Ich war nie ein Einzelgänger, habe immer viel Wert auf die Mannschaft und das Kollektiv gelegt«. Nun geht eine Leitfigur, die die Messlatte immer hoch gelegt hat. Seine Unnachgiebigkeit in der Abwehr müssen andere weiterleben. »Die Jungs sind alle etwas älter geworden und haben bewiesen, dass sie Verantwortung übernehmen können«, ist dem Routinier nicht bange davor, dass auch er ersetzbar sein wird.

Christian Grunow, der Norbert Gregoz und Helmut Bußmeyer als seine »besten Trainer« würdigt, geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Die Familie wird den Vater nun öfter sehen. Wobei Karriereende für Grunow nicht heißt: nie wieder Handball. Es ist eher ein Abschied auf Raten. »Ich habe einen kleinen Herzfehler und muss vernünftig abtrainieren, halte mich also weiter fit. Damit ich in die Bresche springen kann, wenn tatsächlich mal Not am Mann ist und ich gefragt werde«.

Die Jahre bei der TSG werden für ihn »immer unvergesslich« bleiben. »Eine geniale Zeit. In dieser familiären Atmosphäre habe ich so viel erlebt, positiv wie negativ«. Seine Liebeserklärung: «Und ich habe hier meine Frau Sandra kennengelernt«. Der TSG wird er weiter erhalten bleiben, nicht nur in der Sponsorenakquise oder -betreuung. Grunow liegt es am Herzen, die TSG als Verein unter Wahrung des familiären Charakters weiter voranzubringen. Die Außendar-stellung sei ein lohnendes Terrain, Kooperationen im Jugendbereich ein weiteres Stichwort, »um der Wirtschaft was an die Hand zu geben«.

Für die TSG wird die starke und attraktive Dritte Liga kein Zuckerschlecken, unkt der 37-Jährige. »Das zweite Jahr nach dem Aufstieg ist immer das schwierigste«. Doch Grunow denkt positiv. »Die Mannschaft hat ihr Potenzial bei weitem nicht ausgereizt. Ich hoffe, dass unser Publikum den Heeper Dom als achter Mann weiter zu einer atmosphärisch außergewöhnlichen Festung macht«

Über »Kiki« Grunow Integrationsfigur
»Neben seinen handballerischen Fertigkeiten überragt Kiki vor allem durch seine soziale Komponente. Er ist eine ganz klare Integrationsfigur und weiß, wie man eine Mannschaft zusammenhält. Das haben nur ganz wenige Spieler. Kiki Grunow versteht es, die Mannschaft auf den Punkt zu bringen. Sein Wort hat Gewicht. Er verkörpert noch den alten Spielercharakter; diese Spezies stirbt leider langsam aus. So eine Leitfigur wie ihn braucht jede Mannschaft - und der Trainer auch. Er wird mir schon fehlen.«
Trainer Helmut Bußmeyer.

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