Von Johann-David Starck
Bielefeld (WB). Wenn an diesem Freitag um 20 Uhr das Schiedsrichtergespann Weigelt/Weigelt in die Trillerpfeife pustet, dann beginnt das fünfte Derby seit dem Ende der Bielefelder Elefanten-Hochzeit. Ginge es nach den regionalen Printmedien, so gäbe es für den Sieg dieser inoffiziellen Stadtmeisterschaft gefühlte 31 Punkte und den sofortigen Durchmarsch in die Handball-Bundesliga.

Der WHV sieht gemäß Regelwerk nur zwei Pünktchen zur Vergabe vor. Diese unverständliche Auslage der Rahmenbedingungen hat zur Konsequenz, dass jeder Beteiligte sich seine persönliche Vorstellung strickt, um die Spannung vor dem Prestigeduell hoch zu halten.

Zum Beispiel Johnny Dähne. Unser langarmiger Torhüter schiebt einen kleinen Vorteil den Jürmkern zu. Frank Brennecke hätte »endlich wieder einen guten Grund, zum Friseur zu gehen«. Bevor die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden werden, sucht »Der Dicke« Abhilfe beim örtlichen Coiffeur, um Bart und Haupthaar fürs Derby in einen harmonischen Einklang zu bringen. Außerdem ist Torwart-Krake Dähne davon überzeugt, dass man sich gegen Brockhagen und Bergkamen »noch ein paar
Törchen aufbewahrt hat«.

Linkshänder Carsten Kappelt sieht ein allgemeines und konditionelles Problem. Ein interner Kreis zieht es vor, zwischen Ortseingang und –ausgang »Jöllenbeck« aufs eigentlich so überlebens-wichtige Atmen zu verzichten. Entweder Kappelt versorgt sich über ein Sauerstoffgerät mit Altenhagener Luft (was nicht nur optisch, sondern auch spielerisch zu erheblichen Beeinträchtigungen führt), oder wir verbringen die Tage bis zum Derby bei den Bielefelder Kampfschwimmern. Ob die uns bis Freitag die Kunst des einstündigen Luftanhaltens vermitteln können, bleibt fraglich.

Kreisläufer und »Mister 120 Prozent« Calle Wagner strebt das Spitzenspiel »as usal« an. »Was helfen uns Sprüche und Phrasen, wenn wir am Freitag nur Latte und Pfosten treffen, Tüdden uns 19 Mal einschenkt und Torpedo am laufenden Bank Johnny überlupft«? Ähnlich sachlich wird das Derby vom Großteil unserer Mannschaft eingeschätzt.

Trainer Helmut Bußmeyer bringt es auf den Punkt: »Wir müssen voll da sein. Wenn wir abrufen, was wir können und Moppel nicht warmschießen, dann packen wir das. Wir sollten uns nur nicht von der Kulisse in Jöllenbeck verrückt machen lassen«.

Betreuer und gute Seele Heinz »Tönti« König, der Charly Neumann im Osten Bielefelds, freut sich aufs Spiel, »um die 40-jährige Rivalität aufrecht zu erhalten«. Der ehemalige Flügelflitzer und Kunstschütze auf dem Großfeld wird Freitag nicht zum Einsatz kommen. Eine alte Hüftverletzung aus 1962 ist aufgebrochen und macht ihm zu schaffen. Dr. Müller-Wohlfahrt hat dem ehrgeizigen Handballtalent absolutes Sportverbot erteilt. »Er tut sich keinen Gefallen, wenn er eingreift. Ein Seitfallwurf, und die Hüfte ist raus.« Fest steht: Das Fehlen seiner Raffinesse und Unbekümmertheit reißt ein tiefes Loch in unsere Leistungsdichte.

Ginge es nach Jens »Limbo« Limbach, so gibt es bereits ein geschriebenes Derby-Happyend: Nachdem die Flügelzange der »TSG 59ers« erneut einen Gegenstoß läuft und »Moppel« per Kempa-Tor überlistet, erfolgt die schnelle Mitte der Weiß-Blauen. Tüdden wird per langem Kreuzen geholt und spielt traumhaft Grothaus mit einem No-Look-Pass frei. Dessen Gewaltwurf aus vier Metern Entfernung hält »Ken« Welge im Handstand mit den Füßen und leitet per Fallrückzieher einen Gegenstoß auf»Nähmaschine« Meyer ein. Der sprintet sich einen Knoten in die Beine, überschlägt sich fast selber ¬ und schleudert in letzter Sekunde das Leder ins Netz.

Es steht 49:50. Wahnsinn.

Und das ohne Tönti.

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