Von Sören Voss und Stephan Arend
Steinhagen-Brockhagen (WB). Im Baseball werden Spiele bei zu großer Überlegenheit abgebrochen. Die Handballer des TuS Brockhagen haben sich das am Samstag wohl auch für ihre Sportart gewünscht. Denn das Oberliga-Derby gegen TSG Altenhagen-Heepen endete 28:59 (10:32) - ein historisches Debakel.

31 - in Worten einunddreißig - Treffer trennen die beiden Teams an diesem denkwürdigen Handball-Abend. Es ist ein Aufeinandertreffen von David gegen Goliath: Mit Kampf und Einsatz versucht Brockhagen dem Favoriten ein Bein zu stellen, doch nach völlig verpatzter Startphase läuft der Liga-Neuling gegen den Titelkandidaten ins offene Messer und fällt selbst böse auf die Nase.

Bereits nach zehn Minuten ist das Nachbarschafts-Duell praktisch entschieden. Stefan Hermbecker trifft nur die Latte, der Ball fliegt ins Seitenaus. Im Gegenzug hämmert Altenhagens Henrik Orthmann das Leder via Latten-Unterkante zum 12:4 in die Maschen - eine Szene mit Symbolcharakter. Bei den Gastgebern läuft vor 750 Zuschauern nichts, aber auch rein gar nichts zusammen. Immer wieder greift Trainer Heiko Ruwe ein: Er korrigiert, wechselt die Formation, muntert auf - doch es hilft nichts. 5:19 nach 20 Minuten. Die Steinhagener Halle ist längst verstummt, nur die kleine Gäste-Delegation und der eine TSG-Trommler jubilieren triumphierend.

Brockhagen wird von einer Gegenstoß-Lawine der Bielefelder regelrecht überrollt. Die leichten Ballverluste sind ein gefundenes Fressen für die TSG-Deckung: Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks landen die Gegenstöße bei der Flügelzange Florian Öttking und Jens Limbach, die gnadenlos zukneift.

8:30 - nach 26 Minuten verlassen bereits die ersten Brockhagener Fans die Halle, ziehen die Bierbude der Blamage auf dem Hallenparkett vor. Beim TuS lockert sich die spielerische Blockade auch nach der Pause nicht. Mit Einzelaktionen versuchen die Gastgeber zu retten, was zu retten ist. Immerhin verlieren sie die zweite Halbzeit »nur« noch mit neun Treffern. Oberliga tauglich sind an diesem Abend aber nur die TuS-Fans, die in Halbzeit zwei ihrem längst geschlagenen Team den Rücken stärken.

Altenhagen dagegen kann sich den Luxus erlauben, die Zweitliga erfahrenen Christian Grunow (nur kurz eingewechselt) und Kapitän Johann-David Starck (nicht eingesetzt) zu schonen und den zweiten Anzug aufs Feld zu schicken. Als in der Schlussphase die 60-Treffer-Marke in Reichweite kommt, nehmen die Gäste mit offener Deckung sogar schnelle Gegentore in Kauf. Doch die Grenze wird nicht erreicht. Immerhin diese Demütigung bleibt dem Aufsteiger erspart.

Stimmen: bitter fürs Torverhältnis

Heiko Ruwe (Trainer des TuS Brockhagen): »Da müssen wir jetzt durch. Ich habe mir schon zur Pause überlegt, wie ich die Mannschaft wieder aufrichten kann. Nächste Woche sind die Jungs schließlich wieder gefordert. Die TSG hat eine beeindruckende Vorstellung abgeliefert. Wenn wir gegen diese Mannschaft eine Chance haben wollen, dann muss alles zusammenpassen. Doch heute ist bei uns nur die Nase gelaufen. Natürlich gibt es einen Qualitätsunterschied zwischen den beiden Mannschaften. Die sind besser, aber nicht 30 Tore. Wir haben der TSG heute genau in die Karten gespielt, unsere Positionsangriffe nach drei Sekunden abgeschlossen und den Gegner zu Gegenstößen eingeladen. So richtig weh tut diese Niederlage in Bezug auf unser Torverhältnis, das im Abstiegskampf noch wichtig werden kann.«

Helmut Bußmeyer (Trainer TSG Altenhagen-Heepen): »So etwas habe ich noch nie erlebt. Aber wenn es läuft, dann läuft es. Es lag nicht nur an uns. Die Kulisse war für Brockhagen eher hinderlich. Ich hatte den Eindruck, die Mannschaft wollte gerade in der Anfangsphase zu viel.«

Uli Deppe (Sportlicher Leiter des TuS). »Ich habe zwar lange gehofft, aber das Spiel war nicht zu drehen. Wir müssen diese Blamage schnell abhaken. Das einzig Gute ist, dass es nächste Woche wieder bei 0:0 losgeht.

Maik Hahn (TuS-Torwart): »Jede andere Mannschaft hätte an unserer Stelle das Spiel langsam und unattraktiv gemacht. Doch unsere junge Truppe hört nicht auf zu schießen - ohne Rücksicht auf Verluste. Das kann man auch positiv sehen.«

Christoph Harbert (verletzter Hoffnungsträger des TuS): »Bei so einem Spiel ist man froh, nicht dabei gewesen zu sein, wenn man Montag die Zeitung aufschlägt. Die TSG spielt in einer anderen Liga. Schon beim 5:1 hat man gesehen, dass wir keine Schnitte haben werden.«

Johnny Dähne (Torwart der TSG): »Brockhagen hat immer weiter Tempo gemacht. Ich weiß nicht, ob das clever war. Doch die Mannschaft hat so auf jeden Fall Moral gezeigt. Und die Fans haben ihr Team bis zuletzt unterstützt.«
Daniel Meyer (TSG-Spieler aus Werther): »Eigentlich wollten wir dieses Spiel mit dem 60. Tor abrunden und so ein weiteres Zeichen setzen.«

Moritz Schneider (TSG-Akteur): »In der B-Jugend-Kreisliga habe ich mal im Hin- und Rückspiel 29:0 gewonnen. Ansonsten fällt mir nichts Vergleichbares ein. Bei Brockhagen macht sich der Ausfall von Christoph Harbert schmerzlich bemerkbar. Und Lars Deppe ist nach seiner Verletzung auch noch nicht wieder in Form gekommen.«

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