Bielefeld (WB).
Seit Sonntag ist es amtlich: Michael »Micky« Reiners (40), derzeit mit HSE Hamm Tabellendritter der Handball-Oberliga, wird in der kommenden Saison die TSG Altenhagen-Heepen trainieren. Die zunächst einjährige Vereinbarung gilt sowohl für die 3. Liga als auch für die Oberliga. Seit dem Polen Leszek Krowicki (2. Bundesliga/1999) wird der Münsteraner der erste TSG-Coach ohne OWL-Wurzeln sein. Sportredakteur Jörg Manthey sprach mit Micky Reiners.

Herr Reiners, sind Sie lieber der Michael oder der Micky?

Micky Reiners: Schon in der Schule war ich Micky. Jeder kennt mich nur unter Micky. Michael sagt höchstens mein Vater, wenn ich etwas ausgefressen habe.

Nach vier Jahren bei HSE Hamm werden Sie im Sommer die TSG Altenhagen-Heepen übernehmen. Die wöchentliche Fahrerei von Münster nach Bielefeld ist nicht ohne. Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, trotzdem bei der TSG anzuheuern?

Reiners: Ich habe den Vertrag am Sonntag vor unserem Spiel gegen Gütersloh unterschrieben. Die TSG ist eine gute Adresse im Handball, gehört zu den Top 100 in Deutschland. Ein gut geführter Verein mit gewachsenen Strukturen und Zielen. Das Umfeld weiß, was es will. Die TSG hat den Anspruch, als Drittligist wahrgenommen zu werden. Ich möchte mit dem Verein etwas erreichen. Die Mannschaft ist willig, kennt Leistungshandball und hat weiter die Chance, 2012/13 drittklassig zu sein. Auf Dauer möchte ich die TSG in der 3. Liga etablieren. Natürlich kann ich Tabelle und Spielplan lesen. Es wird schwer, doch die Mannschaft hat das Potenzial für überraschende Siege. Sollte die Truppe im Mai absteigen, wollen wir eben so schnell wie möglich wieder hoch. Ja, die Fahrten können sicher furchtbar werden. Ich erlege mir damit auch einen Selbstversuch auf. Dass die Zusammenarbeit vorerst nur für eine Saison festgelegt ist, kommt beiden Seiten entgegen. Es ist neu, wir können uns beschnuppern. Wenn wir uns dann im Dezember neu unterhalten, kann ich sagen, wie erträglich der Stress der Fahrerei ist. Und der Verein hat bis dahin meine bestimmte Art, meine westfälische Sturheit, kennengelernt, und weiß besser einzuschätzen, ob ich nach Bielefeld passe. Wünschenswert ist natürlich eine Kontinuität.

Sie gelten als zielstrebig und erfolgsorientiert. Ihnen eilt der Ruf eines Schleifers voraus. Können Sie sich mit dem Bild anfreunden?

Reiners: Das höre ich ja zum ersten Mal. Ehrlich. Nein, eigentlich glaube ich nicht, dass ich ein Schleifer bin. Ich serviere keinen Einheitsbrei im Training, und natürlich gehört eine Spitze in der Woche dazu. Das ist bei mir der Dienstag. Meine Jungs bezeichnen den als FOB. Ich sage nicht, wofür diese Abkürzung steht. Die Einheit macht den Spielern in der Regel nicht so viel Spaß, dafür mir umso mehr. Öffentlich werde ich keine Kritik an Spielern äußern, das geschieht alles intern. Es wird sicher Reizpunkte geben, aber stets auch gegenseitigen Respekt. Soviel kann ich schon versprechen: Es wird bei mir keine einzige Einheit ohne Handball geben.

Sie haben Geschäftsführer Manfred Quermann eine Liste mit zahlreichen Spielern aus der Region samt Prioritäten-Empfehlung an die Hand gegeben, die als mögliche Verstärkungen oder Ergänzungen in Frage kommen. Wie soll Ihr künftiger Kader aussehen?

Reiners: Grundsätzlich ist ein Gerüst immer hilfreich, das weiß, wie das Umfeld tickt. Ich will nicht alles komplett neu installieren. Spieler wie Michael Boy, Marcel Müller, Daniel Meyer, Marcel Ortjohann oder Tobias Fröbel sind solch ein Gerüst. Gespräche mit Pascal Welge oder Carsten Kappelt laufen. Jens Limbach checkt noch seine persönliche Situation ab. Alle Spieler haben nun die Möglichkeit, sich anzubieten. Ostwestfalen ist auch in unteren Ligen ein reicher Fundus an Handballtalenten. Der ein oder andere ist gut beraten, seinen Heimatverein mal zu verlassen; auch, um eine andere Art der Wertschätzung zu erfahren.

Beschreiben Sie doch mal Ihre Handball-Philosophie.
Reiners: Da werden Sie von mir nichts anderes hören als von anderen Kollegen auch. Aus einer sicheren Deckung heraus spielen, auf einfache Tore aus sein, ein variables Angriffsspiel aufziehen. Grundsätzlich möchte ich den Kader breit aufstellen. Wenn ein Mann über 200 Tore wirft und der nächste dann 80, finde ich das nicht gut. Da habe ich lieber zehn, von denen jeder einzelne für 100 Tore gut ist. Grundsätzlich gilt: Spielsystem und Mannschaft müssen zusammenpassen.

Zur Person
Michael Reiners, 40 Jahre alt, Wohnort Münster, verheiratet, zwei kleine Kinder, Beamter bei der Deutschen Rentenversicherung (Bereich Revision), A-Lizenzinhaber, als Aktiver Zweitligaspieler beim TV Emsdetten, Ibbenbürener SpVg. (Regionalliga), HSG Barnstorf-Diepholz (Regionalliga), TuS Hiltrup und TSV Ladbergen, dort auch Spielertrainer und Trainer, seit 2007 Trainer beim Oberligisten HSE Hamm, mit dem er 2010 in die 3. Liga aufstieg.


Stimmen zur Reiners-Verpflichtung
Manfred Quermann, TSG-Geschäftsführer: Micky Reiners hat ein vernünftiges, absolut schlüssiges Trainingskonzept vorgelegt. Seine Liste mit Ergänzungsvorschlägen des jetzigen Kaders weist ein profundes Wissen über Spieler aus der Region OWL auf. Das hat mich begeistert. Micky Reiners kennt die 3. Liga und die Oberliga. Wir sind nicht so vermessen, dass wir vom Klassenverbleib ausgehen; das Vertragsverhältnis gilt auch für den Eventualfall.

Tobias Fröbel, TSG-Kapitän: Wer die A-Lizenz hat, hat einiges drauf. Ich freue mich, einen komplett neuen Trainer kennenzulernen. Ich habe gehört, dass Micky Reiners ein durchaus harter sein kann. Jetzt wissen alle, woran sie sind. Die Spieler, die bleiben, und solche, die zu uns kommen wollen. In den verbleibenden 14 Begegnungen wollen wir die Grundlage für ein weiteres Jahr in der 3. Liga schaffen.

Martin Räber, Co-Trainer TSG: Einer von außen bringt neue Ideen und frischen Wind mit. Ich kenne Micky Reiners persönlich nicht. Seine A-Lizenz ist ein Fingerzeig für fachliche Kompetenz, und bei HSE Hamm hat er vier Jahre kontinuierlich gearbeitet. Es spricht vieles für ihn. Jetzt kann sich jeder Spieler, der bei uns bleiben will, für den neuen Trainer empfehlen. Eine bessere Plattform als Ligaspiele gibt es nicht.
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