Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Trotzig schnaubte Trainer Pierre Limberg wenige Minuten nach der 24:32-Lektion gegen den VfL Edewecht: »Wir steigen nicht ab. Wir halten die Klasse. Das Potenzial ist da.« Argumente für derlei Zuversicht soll auch die Fleißarbeit in der Winterpause liefern, die für die TSG Altenhagen-Heepen keine sein wird. Der Handball-Drittligist wappnet sich für eine zweite Halbserie, die möglichst zwölf bis 14 Punkte aufs Konto spülen soll. Muss. Ansonsten droht der Abstieg.

Die Stimmung bei der Weihnachtsfeier im »Runkelkrug« war am Samstagabend nach dem Debakel natürlich zunächst gedämpft. »Spätestens nach den Wichtelgeschenken« sei das Lachen aber zurückgekehrt, meinte Kapitän Tobias Fröbel, der das Umfeld beschwört, jetzt nicht den Stab über der TSG zu brechen. »Wir müssen Ruhe bewahren. Nur gemeinsam kommen wir da unten 'raus. Als Mannschaft. Als Verein.«

Edewecht war nicht der erste Gegner, der der TSG in Sachen körperlicher Präsenz etwas voraus hatte. »Wir können uns nicht auf leichte Tore verlassen und brauchen andere Dinge, um für Überraschungen zu sorgen. Deshalb ist es auch gut, jetzt an spielerischen Elementen arbeiten zu können«, erklärt Tobias Fröbel. »Wir brauchen eine neue Disziplin in Angriff und Abwehr. Das ist unser Hauptproblem. Es ist zu einfach, wie wir die Bälle weggeben.«

Weil das Glück in der ersten Saisonhälfte der 3. Handball-Liga nicht selten einen Bogen um den Heeper Dom gemacht hat, hat der Vorjahresdritte mehrere Wochen lang die Tabelle von unten angeführt. Erst Marcel Müllers Achillessehnenriss, dann das Aus im DHB-Pokal gegen die Füchse Berlin II (31:36), zum Meisterschaftsauftakt ein unglückliches 26:27 in der Seidensticker Halle gegen den Leichlinger TV und in der Folge noch zwei glücklose 31:31-Unentschieden in Gummersbach und Nordhemmern. Beide Male war die TSG Altenhagen-Heepen einem Sieg näher. »Natürlich hatten wir uns das anders vorgestellt. Dass wir so schlecht starten würden, hat mich doch überrascht«, sagt TSG-Vorsitzender Heinrich Rödding und gibt selbstkritisch zu, die Leistungsstärke der Klasse unterschätzt zu haben.

Nach der 27:40-Klatsche bei GWD Minden nahm Rödding erstmals laut das Wort »Abstiegskampf« in den Mund, was ihm von Teilen des Teams übel genommen wurde. »Ich hätte mich gerne geirrt. Aber inzwischen hat's jeder gemerkt.« Mit Kapitän Johann-David Starck, Kämpferherz Carl-Moritz Wagner, Torhüter Johnny Dähne sowie der stabilisierenden Zwei-Meter-Krake Moritz Schneider im Abwehr-Innenblock ist nicht nur Leistung abhanden gekommen. »Wir haben unsere Abgänge mit den Verpflichtungen wohl sportlich ersetzen können, aber nicht die geistige Substanz und Führung«, räumt Geschäftsführer Manfred Quermann ein.

Der Balanceakt zwischen Oberliga und 3. Liga zwingt den Verein nun, zweigleisig zu planen. Gespräche seien angelaufen, Kontakte intensiviert worden. »Bei aller gebührenden Zuversicht muss uns bewusst sein, dass die ganze Sache auch noch nach hinten losgehen kann. Es wäre fahrlässig, wenn wir diese Möglichkeit ausblenden«, sagt Quermann, der noch einen Trumpf herbeiredet: »Ich bin fest davon überzeugt, dass Marcel Müller uns in der Rückrunde weiterhelfen wird.« Der Mittelmann mag diese Einschätzung mit Verweis auf seinen rechten Fuß nicht so recht teilen. An Laufen sei noch gar nicht zu denken.

Da TSG-Chef Heinrich Rödding und Co-Trainer Martin Räber sich Anfang Januar für drei Wochen zur Kur verabschieden, ist Geschäftsführer Quermann doppelt gefragt, perspektivische Entscheidungen zu treffen. Rödding: »Bis Ende Januar sollten in allen Bereichen Pflöcke gesteckt sein.«

Im Angesicht des nächsten personellen Umbruchs nach dieser Spielzeit sieht Rödding (»Es ist noch nichts fix«) trotzdem gute Karten für die TSG. »Wir haben uns ein gutes Image aufgebaut. Als verlässlicher Verein mit sauberen Planungen, der seine Verpflichtungen einhält. Sowas spricht sich 'rum in Spielerkreisen.« Heinrich Rödding versichert, dass es bei der TSG auch im Abstiegsfall »unserem Anspruch entsprechend weitergehen« werde. Gleichwohl gelte: »Grundsätzlich sind unsere Planungen auf den Klassenverbleib ausgerichtet.«

Tobias Fröbel hat die Abschlusstabellen der Vorjahre verglichen und 17,2 Punkte ermittelt, die bislang zum Nichtabstieg reichten. Sein Versprechen an die 3. Liga: »Die Rückrunde wird für alle hart. Wir werden 2012 ein ganz unangenehmner Gegner sein.« Allerdings neunmal auswärts und nur noch sechsmal daheim.

Kommentar

Logische
Konsequenz


Der Lorbeer der Vorjahre, als es stets bergauf ging, ist verwelkt. Eine geringere sportliche Mannschaftsqualität in einer deutlich aufgewerteten 3. Handball-Liga hat nun mal das zur Folge, was der TSG Altenhagen-Heepen seit Monaten widerfährt. Der stressige Abstiegskampf ist logische Konsequenz des vorgenommenen personellen Umbruchs samt Verletzungspechs plus Formschwankungen von Leistungsträgern.

Die Kontinuität, Bielefelder Trumpf der Vorjahre, ist einem Findungsprozess gewichen, der immer noch andauert. Mit dem Trainerwechsel - Pierre Limberg/Martin Räber für Helmut Bußmeyer - haben die Funktionäre die Spieler in die Pflicht genommen, alte Tugenden neu zu entdecken. Die Protagonisten sollten ihren Blick dabei nicht nur nach unten richten. Pflichtsiege gegen die schlechter postierten Teams werden nicht ausreichen, um der Oberliga zu entkommen.

Als Team zusammenhalten, stets das Beste geben, hundert Prozent Kampf - dieser »Geist« ist jetzt gefragt, um das Glück zu erzwingen. Anders als am Samstag beim peinlichen 24:32 gegen den VfL Edewecht.

Wenn diese TSG am 19. Mai 2012 bei der Rückfahrt aus Edewecht die Drittklassigkeit feiern darf, hat sie Großes vollbracht.

Neuste Galerie

09.02.24: 1. Herren - TV Emsdetten

Weitere 7707 Bilder sind in der Galerie.