Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Diese Ausgangsposition ist für Carl-Moritz Wagner emotional grenzwertig. Zum ersten Mal läuft das TSG-Urgestein in einem Meisterschaftsspiel gegen seine alte Liebe Altenhagen-Heepen auf. Am Freitag Abend wird der Handballer des TuS Wermelskirchen alles tun, den Aufwärtstrend seiner früheren Kameraden zu stoppen.

Und das werde er vorne als Kreisläufer und hinten als Innenblocker »absolut professionell« angehen, beteuert Carl-Moritz Wagner, den alle Welt nur »Calle« ruft. 60 Minuten werde jede Freundschaft ruhen. »Das 24:19 der TSG gegen Rheinhausen war ganz wichtig für die Jungs. Die wittern natürlich Morgenluft«, sieht der 26-Jährige bessere Zeiten aufs Kellerkind aus Bielefeld zukommen. »Ich will keine Phasen dreschen. Aber das Spiel wird kein Selbstläufer für uns.« Wagner betont, 60 Minuten »voll zu fighten. Die TSG muss sich noch eine Woche gedulden, bis sie das Feld von hinten aufrollen kann.«

Nach einer stressigen Saison 2010/11 mit vielen Zugreisen hatte Carl-Moritz Wagner beschlossen, sich einen sympathischen Klub zu suchen, der näher an seiner neuen Wahlheimat Düsseldorf liegt. Der eine halbe Autostunde entfernte Vorjahres-Vize TuS Wermelskirchen, gelegen im Naturpark Bergisches Land, bekam den Zuschlag. Der approbierte Apotheker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Das Arbeitsgebiet des Doktoranden: Trockengranulation am Walzenkompaktor. »Bis ich meinen Doktor habe, dauert es drei bis fünf Jahre. Ich will es in dreien schaffen«, sagt Wagner so zielstrebig, wie man ihn kennt und schätzt. 15-Stunden-Tage sind der Normalzustand. »Nebenbei habe ich ja auch noch einen Lehrauftrag und betreue Studenten.«

Beim TuS Wermelskirchen hat er professionellere Strukturen vorgefunden als im Bielefelder Handballdorf. Der Aufwand ist größer, trainiert wird viermal in der Woche. »Ich habe es gut getroffen. Es ist in vielerlei Hinsicht anders als bei der TSG, aber auch nett. Wir haben eine gute Mischung aus Jung und Alt, und es herrscht ein toller Zusammenhalt«, berichtet Wagner etwa von »intensivem Videostudium. Wir sind immer gut vorbereitet.« Oder von »konsequentem Konzepthandball. Wir kommen über das Kollektiv und haben für jede Situation Spielzüge, die bis auf den Punkt gespielt werden.« Kurz nach Saisonbeginn hatte Wagner sich in einen dreiwöchigen USA-Urlaub verabschiedet, wurde aber nach seiner Rückkehr ruckzuck wieder integriert. Im Innenblock ist er an der Seite von »VW« Dirk van Walsems gesetzt. Vorne teilt er sich die Spielanteile mit dem jungen Julian Renninger. »Ein 19-jähriger Bursche. Wir verstehen uns gut.« Wenn Wagner etwas vermisst, dann das Fußballspielen Marke TSG. »In Wermelskirchen musst du erst über die Mittellinie, um abschließen zu können.«

Am Wochenende kassierte der Gegner einen 24:30-Reinfall in Ferndorf, der zugleich den Verlust der Tabellenspitze bedeutete. Wermelskirchen wurde dabei vor allem in der zweiten Halbzeit mangelnde Gegenwehr vorgeworfen. »Man muss die Kirche im Dorf lassen und uns auch einmal ein schlechtes Spiel zugestehen«, konterte Wagner. Und auch Trainer Lars Hepp (»Wir haben 14:4 Punkte«) bleibt vor dem Gastspiel des Kellerkindes ganz entspannt.

Carl-Moritz Wagners Freundin Marlene hat Bielefeld inzwischen ebenfalls den Rücken gekehrt und ist Filialleiterin einer Apotheke in Düsseldorf. »Wir suchen noch vor Weihnachten eine größere, bezahlbare Wohnung. Gar nicht so einfach in dieser Stadt«, meint Wagner, der eine offene Einladung ausgesprochen und nach dem Spiel zu einer WG-Party geladen hat. Die halbe TSG-Truppe bezieht Quartier in Wagners Butze. »Ich habe meine Freundin ausquartiert«, schmunzelt der und freut sich auf den Nachtbummel in der Düsseldorfer Altstadt mit seinen Freunden von der TSG. Das wird wie in alten Zeiten.

»Calle ist menschlich ein Großer und hängt immer noch total am Verein«, sagt TSG-Käpt'n Tobias Fröbel und kündigt eine kampfbereite Mannschaft an. »Für uns und für Calle ist es ein besonderes Spiel. Und es wird Wermelskirchen nicht weh tun, wenn wir einen Punkt mitnehmen . . .«

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