1. Herren | Ein klebriger Zündstoff | 02.08.08
Bielefeld (WB/jm). Die Suche nach dem besseren Griff für großartige Schüsse: Trickwürfe sind im Handball so alt wie die berüchtigte »Pecke« - im Norden sagt die Branche dazu »Backe« - selbst. Gerade aus dem Leistungssport ist der Balsam nicht mehr wegzudenken. Diese These vertreten vor allem jene, die mit Vorliebe auf die magische Klebekraft des Kunstharzes bauen. Der kostenintensive Nebeneffekt: die betroffenen Sporthallen werden zusehends verschmutzt.

Salven von Klagen kommen vor allem aus dem Schulsport. Die Stadt Bielefeld hat jegliche Lockerheit verloren und geht das seit Jahren schwelende Reizthema wie schon andere westfälische Kommunen vor ihr offensiver an. Die Stadt weigert sich, künftig für die aufwändige Spezialreinigung, die monatlich schon mal in den vierstelligen Bereich gehen kann, aufzukommen. Die strikte Anordnung: Harzmittel - Meisterschaft hin, Punkte her - gehören aus den heimischen Hallen generell verbannt! Bei Zuwiderhandlungen drohen empfindliche Strafen.

Alle Rechnungen werden weitergereicht. »Wir haben ein großes Interesse daran, den Vereinen nicht unnötig weh zu tun«, beteuert Joachim Middendorf vom Sportamt der Stadt Bielefeld mit Verweis auf eine »dicke Pecke-Akte«. Um als einvernehmliche Lösung eine neue Basis zu erproben, werden - noch als Testballon und mit Auflagen - stillschweigend zwei Ausnahmen geduldet. TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck und TSG Altenhagen-Heepen dürfen mit ihren klassenhöchsten Mannschaften »Blue Gear Grip« benutzen.

Dieser wasserlösliche Handballkleber soll schon in geringer Dosis funktionieren und mit dem dazu gehörigen Reinigungsmittel pro-blemlos vom Hallenboden entfernt werden können. Davon können die Husemanns, Grunows, Bruelheides und Wagners bald ein Lied singen. Sind es doch die Spieler selbst, die von den Klubs nach den Ferien in die Pflicht genommen werden, nach jeder Trainingseinheit und jedem Spiel aufmerksam Peckeflecken auszuspähen und sie mit Reinigungstüchern zu eleminieren. Die klebrige Masse an den eigenen Händen wird übrigens mit einem Tropfen gemeinen Babyöls bearbeitet, die verpappten Bälle gerne mit Knetgummi.

Das Experiment mit der erzieherischen Maßnahme scheint zu fruchten. »Gefühlt haben wir weniger Ärger«, meint Middendorf mit vorsichtigem Optimismus. »Ich hoffe, die Praxis bewährt sich weiter«. Dass Handballer Pecke mögen, kann er, selbst Sportler genug, wohl nachvollziehen. »Aber an den Wänden in Umkleideräumen hat das Zeug wirklich nichts zu suchen. Weder in der Bundesliga noch in der 3. Kreisklasse«.

Die Klubs haben die Botschaft verstanden. »Die Halle hat am nächsten Morgen genau so auszusehen wie vorher. Ist das nicht der Fall, werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen«, sagt TSG-Vorstandsmitglied Wolfhardt Werner. Das heikle Klebe-Thema am Teuto dürfte in der Oberliga schon so manchen Stoßseufzer ausgelöst haben. Alle Vereine sind schriftlich über die Sachlage informiert worden. Logisch, dass auch den Gästeteams im Heeper Dom und Realschulhalle Jöllenbeck in der demnächst beginnenden Saison der Gebrauch anderer Harze verwehrt wird. Der Erhalt guter Handballkultur kontra Glücksspiel: dazwischen steht aktuell wohl nur Blue Gear!

Auf Bitten der TSG benutzten am Donnerstag beim Freundschaftsspiel in Heepen auch die Bundesliga-Handballer des TBV Lemgo das ungewohnte Haftmittel - und nutzten diese Steilvorlage gleich als Entschuldigung für die sich häufenden technischen Fehler in der Schlussphase. Der Harz habe sich am Ende aufgelöst, gab etwa Keeper Jörg Zereike nach dem mageren 25:20 zu Protokoll.

»Eine mögliche Lösung könnte sein, dass wir unseren Gegnern am Spieltag das Haftmittel und eine entsprechende Anzahl an Bällen zur Verfügung stellen«, überlegt Wolfhardt Werner. Ein Ansatzpunkt, mit dem sich Frank Brennecke, der Sportliche Leiter des TuS 97, nur schwer anfreunden mag. »Was das kostet. Wer bezahlt die zusätzlichen Bälle«?

Die Schiedsrichtergilde ist angehalten, strenger als bislang auf Verstöße zu achten. Der Verband kann neben Bußgeldern sogar Punktabzüge aussprechen. Joachim Middendorf bringt die Hoffnungen der Stadt Bielefeld auf eine einfache Formel: »Kein Ärger, keine Kosten!«

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