1. Herren | Westfalen Blatt (Bielefeld) | 11.12.12
Von Jörg Manthey
und Arndt Wienböker
Bielefeld (WB). Michael Boys flehender Blick drückte so etwas aus wie: »Bitte keine Frage.« Wohl auch ob der eigenen Leistung frustriert, trottete der Kapitän des Drittligisten TSG A-H Bielefeld wortkarg von dannen. Thorben Lommel fasste das Gefühlsleben seiner Mitspieler mit grimmiger Miene so zusammen: »Verlieren macht nie Spaß.«

Schlussfolgerung: Die TSG-Handballer haben ihren Spaß vor einem Monat verloren. Ordentlichen 10:8 Punkten gesellten sich seither 0:10 Zähler hinzu. Die Trainingsabende bei minimaler Beteiligung sind nicht dazu angetan, Vergnügen anzuhäufen. »In den Köpfen der Spieler sieht es dramatisch leer aus«, weiß Trainer Micky Reiners. Die Niederlagen der TSG A-H Bielefeld laufen seit Wochen nach dem identischen Strickmuster ab. Zu viele (ungezwungene) Eigenfehler werden vom Gegner in Gegenstoßtore umgemünzt. Eigenes Überzahlspiel ist eher eine Last denn eine Lust. 460 Gegentore, annähernd 33 im Schnitt, bilden bundesweit einen traurigen Rekordwert. Keiner der anderen 63 Drittligisten in den vier Staffeln hat nach 14 Partien mehr kassiert. Die Zeiten, in denen die Bielefelder den stärksten Angriff der Weststaffel stellten, sind längst Vergangenheit. Zu limitiert sind inzwischen die Möglichkeiten. »Die Gegner haben sich auf uns eingestellt und wissen, was zu tun ist, um uns aufzuhalten.«

Das positive Erlebnis
»Wichtig ist, dass wir uns jetzt konzentriert auf Uerdingen vorbereiten«, sagt Micky Reiners bestimmt. »Es wäre hilfreich, mit einem positiven Erlebnis in die Weihnachtsferien zu gehen.« Schon das erste Match des neuen Jahres hält ein richtungsweisendes Duell parat. Am 12. Januar führt die Reise zu ART Düsseldorf. Beim Tabellenletzten »müssen wir unter allen Umständen gewinnen«, sagt Reiners. Wissend, dass sein Team mit Drucksituationen schlecht umgehen kann. »Wenn wir wirklich gewinnen mussten, haben wir es nicht getan.«

Kein gutes Knie-Gefühl
Matthias Geukes ließ sein malades Knie gestern vom Art untersuchen. »Ich denke, es ist etwas mit dem Innenband. Ich hatte noch nie etwas mit dem Knie, deshalb weiß ich nicht, wie sich das anfühlt. Aber es fühlt sich auf jeden Fall nicht gut an. Gut, dass bald Pause ist«, sagt der Kreisläuferhüne. 2013 soll für die TSG ein »Neustart« sein. »Mit Jannik Rauchschwalbe kehrt ein Rückraum-Linkshänder zurück. Das eröffnet uns neue Möglichkeiten. In unserer Mannschaft steckt viel mehr Potenzial, als der Punktestand es aussagt.«

Neues Kreuzband
Am Freitag bekommt Tobias Fröbel in der Uniklinik Münster ein neues Kreuzband eingesetzt. »Ich gönne mir dann neun bis zwölf Monate Reha und will auf jeden Fall wieder Handball spielen.« Der TSG-Kreisläufer, der einen Vertrag bis 2014 hat, bekommt eine Quadrizepssehne als neues Kreuzband eingesetzt, die Sehne zwischen Oberschenkelstreckmuskel und der Kniescheibe. »Das ist eigentlich nur die zweitbeste Wahl. Aber der Operateur dort, Dr. Mirco Herbort, hat mich aufgebaut und gesagt, dass Maria Höfl-Riesch damit zweimal den Weltcup gewonnen hat. Und sollte es mit Handball nicht mehr klappen, fahre ich eben Ski.« Tobias Fröbel hat seinen Humor nicht verloren.

Lorenzet rätselt
Leichlingens Trainer Frank Lorenzet strahlte angesichts des Wermelskirchener Ausrutschers in Gladbeck: »Das war ein guter Spieltag für uns.« Gleichwohl blieben bei ihm nach dem souveränen Auftritt Fragezeichen. »Wenn man sieht, wie wir Bielefeld heute aus der Halle schießen und dass wir vorige Woche in Gummersbach fast verloren hätten – dann gibt das Rätsel auf.«

Hallen-Mindeststandards
Das sorgt bei der TSG für Kopfschütteln: Der Deutsche Handball-Bund (DHB) überlegt augenscheinlich, für die 3. Liga Hallen-Mindeststandards einzuführen. Ein erster 20-seitiger Entwurf bietet genügend »Stoff« für eine kontroverse Diskussion. Hallenstandards gab es bislang nur in den Eliteligen von HBL und HBF. Horst Keppler, Spielleiter der dritten Liga, hat davon zahlreiche Bestimmungen übernommen. So werden etwa verdunkelbare Fenster gefordert, um eine Blendung durch Sonnenlicht zu vermeiden. Blöcke der Heim- und Gästefans sollen möglichst weit voneinander entfernt sein. Idealerweise sei »ein geschützter und eigener Zugang zum Gästefanblock einzurichten und der Gäste-Fanblock durch Ordner zu sichern.« Oder bei Spielen mit erhöhter Ausschreitungsgefahr für Polizeipräsenz zu sorgen. Eine Mindestlichtstärke von 300 Lux soll festgelegt werden. In einer abschließbaren Umkleidekabine müssen Bänke sowie Garderobenhaken ausreichend Platz für mindestens 20 Personen haben. Direkt anschließen müssen sich sanitäre Anlagen mit mindestens vier Duschen und einem WC mit Waschbecken. Das Vorhandensein eines Doping-Raumes ist ebenso Bestandteil des Kataloges wie die Überwachung der »Laufwege der am Spiel beteiligten Personen« durch Ordner. Derlei »Mindeststandard« könnte das Ende des Heeper Doms als Drittliga-Spielstätte bedeuten. Die Vereine sollen künftig 14 Mitarbeiter benennen, darunter einen Pressereferenten, einen Marketingmanager, Jugendkoordinator oder Anti-Doping-Beauftragten.

Immer noch Zweiter
In der Oberliga profitierte Spitzenreiter SG Schalksmühle-Halver (30:25 gegen Augustdorf) von den Ausrutschern der Verfolger TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck (29:32 in Menden), Ahlener SG (26:35 gegen Schlusslicht Eintracht Hagen II ) und TuS Spenge (30:31 gegen Soest). Bei vier Punkten Vorsprung auf Jölllenbeck ist Schalksmühle die Herbstmeisterschaft nicht mehr zu nehmen. »Wir sind immerhin noch Zweiter«, sagt TuS 97-Trainer Walter Schubert. Das anvisierte Ziel, die 20-Punkte-Marke noch vor Weihnachten zu knacken, können die Jürmker allerdings nicht mehr erreichen. »Das holen wir dann am letzten Hinrundenspieltag im neuen Jahr nach«, schmunzelt Schubert. Der Abschluss der Hinrunde dürfte zugleich das Highlight sein: Am 12. Januar geht's zum OWL-Derby nach Spenge. Zuvor muss Jöllenbeck noch die Pflichtaufgabe am kommenden Samstag gegen Aufsteiger HSG Gevelsberg Silschede lösen. Ob Julian Jahr (Schulterprobleme) dabei mitwirken kann, ist noch offen.

Jasmin Gojacic ist bedient
Bei Verbandsligist TV Verl brennt zwei Wochen vor Weihnachten schon der Baum. Nach der ernüchternden 25:29-Heimpleite gegen die HSG Hüllhorst fand Trainer Jasmin Gojacic deutliche Worte: »Vielleicht ist es besser, in die Landesliga zurückzugehen und dort einen Neuaufbau zu starten.« Mit 7:15 Punkten hinkt das Team des ehemaligen Jöllenbeckers weit den Erwartungen hinterher.

Lars Wunderlich gibt auf
1:21 Punkte, Verbandsliga-Letzter – jetzt reicht's: Nach der 22:35-Pleite im Derby gegen HSG Gütersloh ist Lars Wunderlich als Trainer des TuS Brockhagen zurückgetreten. »Das war ein extremer Rückschritt«, kommentierte der 37-Jährige die blutleere Darbietung. Mit diesem Schritt möchte er vor dem richtungsweisenden Kellerduell in Nordhemmern dem Team einen Impuls geben.

Kein Schiri: erster Ausfall
Im Handballbezirk Nord ist das erste Spiel aufgrund fehlender Schiedsrichter ausgefallen. In der Staffel 2 konnte die Partie zwischen Altenbeken/Buke II und SpVg Versmold nicht besetzt und musste aufs nächste Jahr verlegt werden, wie Männer-Bezirksspielwart Friedhelm Krietemeyer (Minden) erklärte. Der mahnte angesichts des grassierenden Schiedsrichter-Schwundes: »Es ist fünf Minuten nach zwölf.« Erhöhte Geldbußen und Punktabzüge bleiben ein Thema. Die Schiedsrichter-Arbeitsgruppe des Bezirks Nord möchte die künftigen Anwärter-Lehrgänge jugendfreundlicher gestalten, ältere Handball-Aktive aktiviert, Analysen zur hohen Abbruchquote beim Nachwuchs erstellt werden.

TSG-Talente nominiert
TSG-Talent Albert Kreismann gehört zum Kreis der Westfalenauswahl (Jahrgang 1997), die am 15. Dezember in Bielefeld einen Tageslehrgang absolviert. Auf Abruf steht Teamkollege Tobias Schmeding bereit. Für den Lehrgang der weiblichen Westfalenauswahl (Jahrgang 1998) sind Celine Brilka und Nele Franz (ebenfalls beide TSG Altenhagen-Heepen) nominiert worden.

Senner Spaßtruppe
Die einzige Bielefelder Senioren-Mannschaft ohne Verlustpunkt spielt übrigens in der Kreisklasse. Die vor der Saison neu ins Leben gerufene 3. Mannschaft des HT SF Senne führt die Tabelle mit makellosen 18:0 Punkten an. Die Spaßtruppe besteht zum großen Teil aus ehemaligen Senner und Sennestädter »Handball-Größen« – der Altersschnitt liegt deutlich über 40. Als Übungsleiter dieser Mannschaft fungiert, wenn es denn zeitlich passt, Michael Neuhaus: »Ich kenne den Großteil der Truppe seit Jahrzehnten. Es macht einfach Spaß, Teil so einer Gemeinschaft zu sein. Wenn die Mannschaft am Wochenende auf der Platte steht, will sie aber auch gewinnen.« Das klappt bislang vorzüglich.

Neuste Galerie

09.02.24: 1. Herren - TV Emsdetten

Weitere 7707 Bilder sind in der Galerie.