Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Die TSG Altenhagen-Heepen hat am letzten Spieltag der 3. Handball-Liga aus eigener Kraft die Abstiegsrelegation abgewendet. Nach einem dramatischen Spielverlauf war das 28:28 (12:18) beim VfL Edewecht der benötigte Sicherheitspunkt für den Klassenverbleib.

Daniel Meyer (13/6) und Carsten Kappelt (7) teilten sich das Gros der Treffer. Nach einem solchen Jubelszenario im Ammerland hatte es in der 37. Minute wahrlich nicht ausgesehen. Die instabil wirkende TSG lag zu diesem Zeitpunkt nach ordentlichem Auftakt deutlich mit 14:22 in Rückstand, und die bedrückenden Ergebnisse aus den anderen Hallen schickten den Gast in die Oberliga.

Bis zum 9:9 (18., vier Kappelt-Tore binnen sechs Minuten) zeigte die TSG eine durchaus solide Vorstellung, ehe alles schief ging. Kopflos, mutlos, ideenlos - Edewechts Gegenstöße bestraften eine sechsminütige Schwächephase brutal mit dem 9:15. Der 12:18-Halbzeitrückstand nach drei Müller-Fehlern in Folge bei eigener Überzahl verhieß wenig Gutes.

Vielleicht war es die deutliche Botschaft in der Kabine, die die Ehre kitzelte. »Wer in die Relegation will, kann sich jetzt anziehen und hier bleiben!« Oder auch Martin Räbers Fingerzeig: »Edewecht hat uns 30 Minuten gezeigt, wie es geht. Wir haben noch 30 Minuten Zeit, für den Klassenerhalt zu kämpfen.« Jedenfalls habe es »nach dem Acht-Tore-Rückstand klick gemacht«, sagte Tobias Fröbel. Die plötzliche Gewissheit, »wir haben nichts mehr zu verlieren«, verlieh Flügel. Die taktische Umstellung auf eine offensivere Deckungsvariante mit dem agilen Benjamin Richter in vorgezogener Position fruchtete. Kappelt (2) und Meyer mit zwei Gegenstoßtoren verkürzten flott auf 18:22 (42.). Im Eilzugtempo ging es weiter aus der Krise. Aus dem 20:25 (47.) machten Limberg und Kunisch in Unterzahl erst ein 22:25 (48.). Als Meyer und Scharfschütze Kappelt den 24:25-Anschluss besorgten (52.), war die Partie wieder völlig offen.

Edewecht wirkte regelrecht paralysiert ob der Entschlossenheit des Gegners, den Sieg einfahren zu wollen. Bei der TSG Altenhagen-Heepen war aus dem Rückraum nun jeder Wurf ein Treffer. Christopher Kunisch stellte den erstmaligen Gleichstand her - 26:26 (54.)! Auch der neuerliche Rückstand samt Meyers vergebener Großchance vom Kreis konnte die immer selbstbewusster wirkende TSG nicht vom Weg abbringen. Der listige Störenfried Richter klaute Edewecht jetzt zweimal hintereinander den Ball. Einmal belohnt mit einem Meyer-Konter zum 27:27 (57.), und dann platzierte »Mister 100 Prozent« Daniel Meyer auch seinen sechsten Siebenmeter souverän in den Maschen. 28:27, in der 59. Minute die TSG-Führung in einem Nerven aufreibenden Duell.

Das Ende des Zitterns. Wolterinks Ausgleich war das Ende einer emotionalen Achterbahnfahrt. Welge und seine Vorderleute gewannen die letzten 23 Minuten mit 14:6. Nach dem Schlusspfiff floss so manche Träne der Erleichterung. Die Trainer Pierre Limberg und Martin Räber waren minutenlang verschwunden; sie suchten die Abgeschiedenheit und Stille, um das soeben Erlebte zu verdauen. »Das war unsere komplette Saison, verdichtet in 60 Minuten«, benutzte TSG-Kapitän Tobias Fröbel ein markantes Bild. Räber gab nach dem überragenden Kampf zu Protokoll: »Dieser Klassenverbleib hat für mich persönlich einen höheren Stellenwert als mancher Aufstieg.« Pierre Limberg beteuerte, stets an den direkten Klassenerhalt geglaubt zu haben. »Auch noch in der 37. Minute. Wir hatten genug Matchbälle. Den letzten haben wir genutzt.«

Stimmen zum Spiel

Pierre Limberg, TSG-Spielertrainer: Ich habe großen Respekt vor dieser Mannschaft. Anfangs sind wir mit dem Druck nicht klargekommen. Das war eine klare Kopfsache. Wie wir dann die Partie und die Saison beendet haben, zeigt, dass die Truppe absolut intakt ist. Das Wir-Gefühl, das Matze Räber und ich den Jungs vermittelt haben, hat gegriffen.

Martin Räber, Co-Trainer: In der Halbzeit war die Körperspannung komplett weg, die Blicke leer. Wir haben die Jungs dann bei der Ehre gepackt. Der Schachzug, Benjamin Richter als vorgezogenen Abwehrspieler aufzubieten, war entscheidend.

Daniel Meyer: 13 Tore habe ich schon lange nicht mehr geworfen. Als ich zum entscheidenden Siebenmeter angetreten bin, der uns die 28:27-Führung brachte, dachte ich schon, dass der wohl wichtig werden könnte.

Michael Boy: Das Zusammenspiel in der Abwehr war der Schlüssel. Als wir aussichtslos zurücklagen, hat jeder 20 Prozent draufgepackt und einen Meter mehr gemacht.

Tobias Fröbel: Ein überragender Kampf von uns. Der Druck, der jetzt abgefallen ist, ist immens. So ein Jahr möchte ich nicht nochmal erleben.

Benjamin Richter: Ein schönes Gefühl. Dieser Nichtabstieg macht einen stolz. Ich nehme aus meiner TSG-Zeit viel mit, sportlich wie menschlich.

Carsten Kappelt: Ich kann's immer noch.

Jens Limbach: Bombastisch. Wir haben die letzten 24 Minuten mit 14:6 gewonnen.

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