1. Herren | Westfalen Blatt - Bielefeld | 06.04.12
Von Jörg Manthey
und Julian Stolte
Bielefeld (WB). Jede Handballmannschaft hat einen ausgefeilten Katalog an Verhaltensregeln. Einen zumeist originellen Kodex mit Augenzwinkern, für dessen Nichtbeachtung gnadenlos kassiert wird. Je penetranter der »Finanzminister« des Teams Verstöße ahndet, desto mehr Bier, so die überwiegende Währung, kommt für die Abschlussfahrt zusammen.

Bielefelds Handballszene trifft sich nach der Saison mit Vorliebe in Cala Ratjada auf Mallorca, um ausgelassen die Mannschaftskasse zu verfeiern. Die TSG Altenhagen-Heepen schert in diesem Jahr aus dieser Tradition aus - weil »Malle-Wart« Michael Boy sich zu spät kümmerte und der Spaß zu teuer geworden wäre. Das kostet wahrscheinlich . . . So begibt sich der Drittligist vom 7. bis 10. Juni in den Sauerland-Stern nach Willingen. Am Fuße des Ettelsberges mit Lagunen-Erlebnisbad und Sommerrodelbahn, wird auch der TuS Brake anzutreffen sein.

In einer Spielzeit kommen locker astronomische und kaum zu konsumierende 150 Kisten zusammen, rechnet TSG-Bierwart Tobias Fröbel hoch. Kisten können für einen »Zehner« zurückgetauscht werden, »damit wir uns zum Frühstück einen Kakao kaufen können.« Einige TSG-Einnahmequellen: Zeitstrafe wegen Meckerns, das 30. Tor (Kiste), das 40. Tor (Flasche Ramazzotti). Das Tragen falscher Socken bleibt nicht ungesühnt, ebenso vergessene Klamotten. Ganz arg müssen forsche Kameraden ins Portemonnaie greifen, wenn sie eine vergebene Spielerfrau anflirten - 50 Euro. Fröbel beruhigt: »Aber das ist bei uns noch nicht vorgekommen.« Findet sich ein Akteur an einem Tag in beiden Tageszeitungen wieder, wird eine Kiste vermerkt. Grundregeln, philosophiert Tobias Fröbel, seien ganz wichtig. »Neue Spieler werden schneller integriert und verstehen den Geist der Mannschaft so besser.«

Mit einer sogenannten Phrasenkasse treiben Jöllenbecks Handballerinnen ihren Kontostand in die Höhe. Neben Phrasen kann bis zur Abschlussfahrt auf die Nordseeinsel Norderney am zweiten Juni-Wochenende aber fast jeder lockere Spruch auf und neben dem Feld mit einer 50-Cent-Strafe belegt werden. Welche Aussage eine Phrase ist oder nicht, entscheidet die Mannschaft - spontan. »Das ist ganz einfach. Sobald drei Spielerinnen die Hand heben, ist es eine Phrase«, sagt Katja Holz. Die Kassenwartin des Verbandsligisten treibt seit einigen Jahren die Strafen ihrer Mitspielerinnen ein, muss sich in dieser Funktion auch regelmäßig an Trainer Sebastian Cuhlmann wenden. »Es klingelt öfter mal sein Handy während des Trainings«, verrät die Kreisläuferin, die für jede Störung des Mobiltelefons einen »Zehner« notiert. Aber auch ihre Mitstreiterinnen bittet Katja Holz bei Anrufen während des Trainings oder in der Kabine zur Kasse. Fünf Euro werden dann fällig, wenn aus der Sporttasche Musik ertönt.

Neben den Strafen für vergessene Kleidungsstücke können auch Ergebnisse zu einem teuren Vergnügen werden, für Spielerinnen und Trainer gleichermaßen. Die Finanzministerin berechnet den Spielerinnen ab dem 21. Gegentor für jeden kassierten Treffer 30 Cent.

Umgekehrt muss Sebastian Cuhlmann pro Tor einen Euro abdrücken, den das Team unter 20 Gegentreffer bleibt. »Bisher geht dieser Wettbewerb ganz klar an unseren Trainer«, gesteht Katja Holz. Jöllenbeck blieb zwar bisher dreimal unter 20 Gegentreffern, kassierte aber in 14 Begegnungen der laufenden Saison bis zu zehn Tore mehr als die anvisierten 20.

Übrigens: Für Spielerinnen, die innerhalb der Mannschaft ein Amt ausüben, gibt es zusätzliche Strafen. »Wer beispielsweise die ÝPeckeÜ vergisst oder zum Spiel den Eiskoffer nicht mitbringt, muss selbstverständlich auch löhnen«, sagt Katja Holz.

Dass die Abschlussfahrt auch schnell zur Nebensache werden kann, zeigt das Beispiel TG Schildesche. Der Vorletzte der Bezirksliga steckt mitten im Abstiegskampf. »Deshalb haben wir zur Zeit andere Sorgen«, sagt Spieler Christopher Godejohann. Das Team werde in diesem Jahr lediglich eine Feier organisieren. »Bei der hoffentlich der Klassenerhalt gefeiert wird«, fügt Godejohann an. Dass für diesen Anlass ausreichend Bier zur Verfügung steht, dafür sorgen die Spieler während der Saison selbst. »Wer einen Kasten vergisst mitzubringen, muss gleich für einen zweiten sorgen. Das trifft besonders häufig die neuen Spieler«, sagt Godejohann. Auch Verspätungen werden von Kassenwart Stefan Ramroth notiert. Unbeliebt macht sich der Geldeintreiber dabei aber nicht, »denn er kommt selbst öfter mal zu spät zum Training« (Godejohann).

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